Running im Winter.

Rutschgefahr, kalte Nasen, träge Muskeln – Wintertraining hat seine Tücken. Aber keine Sorge: Mit den Tipps von Hanspeter Betschart, Chefarzt der Berit Sportclinic und Chief Medical Officer bei Swiss Olympic, bleibst du auch bei Frost fit. Und warm.

von
Manuela Graf
Verkaufsberatung
Hanspeter, was macht die Kälte beim Joggen und beim Sport allgemein zur Herausforderung? Und für wen kann es sogar heikel werden?
Kälte fordert den Körper. Er braucht mehr Energie, um die Körpertemperatur zu halten – Energie, die dann bei der Muskelarbeit fehlt. Für Hobbysportlerinnen und -sportler ist das meist kein Problem, aber etwas, das man im Kopf behalten sollte. Zudem steigt in der Kälte nicht nur der Energie-, sondern auch der Flüssigkeitsverlust. Und genau darin liegt die Schwierigkeit: Bei tiefen Temperaturen verspürt man selten Durst und trotzdem braucht der Körper auch dann genügend Flüssigkeit. Die kalte, trockene Luft entzieht den Schleimhäuten zusätzlich Feuchtigkeit – das kann zu Reizungen führen. Wer Atemwegserkrankungen wie Asthma hat, sollte besonders achtsam sein: Kalte Luft kann gerade bei Belastung ein Auslöser sein.
Gibt’s in Sachen Kälte sowas wie eine Schmerzgrenze fürs Training draussen?
Im Spitzensport, etwa im Langlauf, gelten klare Schutzregeln: Ab minus 18 Grad wird nicht mehr gestartet – gesundheitlich absolut sinnvoll. Hobbysportlerinnen und -sportler sollten lieber noch früher auf Indoor-Alternativen ausweichen. Gerade bei Kälte lohnt sich auch ein kritischer Blick auf die Trainingspläne: Muss es wirklich draussen sein – oder gibt es eine clevere Alternative? Auch die Tageszeit ist entscheidend: Am Mittag ist es meist deutlich wärmer als am Morgen oder Abend. Da kann es sich lohnen, das Training in die Mittagszeit zu legen. Das hilft nicht nur dem Körper, sondern macht oft auch einfach mehr Spass. Und ganz ehrlich: Ein bisschen Sonne tanken beim Sport tut im Winter sowieso doppelt gut.

Wer durch die Nase atmet, hilft dem Körper, die kalte Luft vor dem Eintritt in die Lunge zu erwärmen.

Du hast es vorher angesprochen – die kalte Luft und ihre Wirkung auf die Atemwege. Was genau geschieht da; und wie atmet man bei Kälte idealerweise?
Grundsätzlich gilt: Wer durch die Nase atmet, hilft dem Körper, die kalte Luft vor dem Eintritt in die Lunge zu erwärmen. Beim Atmen durch den Mund fehlt dieser Effekt, die kalte Luft trifft ungefiltert auf die Atemwege. Das kann zu Reizungen führen. Bei Minusgraden sollte man deshalb möglichst durch die Nase atmen. Klar, das klappt nur bei lockeren Aktivitäten – aber wenn’s geht, lohnt es sich. Denn kalte Luft reizt, trocknet aus und schwächt die Abwehr. Wer bei tiefen Temperaturen trainiert, sollte also nicht nur warm eingepackt sein, sondern auch beim Atmen achtsam bleiben.
Kann man sich die Nasenatmung beim Sport eigentlich antrainieren?
Ein Stück weit schon – wenn man bewusst darauf achtet. Mit der Zeit gewöhnt sich der Körper daran, länger durch die Nase zu atmen. Aber klar: Bei intensiven Belastungen reicht die Luftzufuhr durch die Nase nicht mehr aus, und wir schalten automatisch auf Mundatmung um. Das kennen wir alle. Gerade dann lohnt es sich, mit Schutzfaktoren zu arbeiten, etwa mit einem Schlauchtuch vor Mund und Nase. Das wärmt die Luft leicht an und sorgt für ein feuchteres Mikroklima. Das reduziert die Reizung und schützt die Atemwege – besonders bei empfindlicher Lunge oder kalter, trockener Luft.
Viele sagen: Wer im Winter Sport treibt, wird seltener krank. Andere meinen, Kälte und Belastung schwächen das Immunsystem. Was stimmt?
Studien zeigen: Regelmässige, moderate Bewegung stärkt das Immunsystem auch bei Kälte. Ob drinnen oder draussen, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Entscheidend ist das richtige Mass. Wer es übertreibt, riskiert eine gegenteilige Wirkung – dann steigt die Infektanfälligkeit sogar wieder an. Hinzu kommen praktische Faktoren: Wer stark schwitzt und sich nicht umzieht, kühlt aus. Auch trockene Schleimhäute schwächen, wie erwähnt, unsere Abwehr. Was allerdings viele vergessen: Nicht die Kälte ist schuld, dass wir im Winter häufiger krank werden, sondern die Nähe zu anderen. Wir verbringen mehr Zeit in geschlossenen Räumen, das ist das wahre Paradies für Erkältungsviren. Kurz: Bewegung in der Kälte ist gut – solange man’s richtig macht.
Was ist beim Wintertraining in Bezug auf Regeneration besonders wichtig?
Die Prinzipien bleiben gleich wie im Sommer. Regeneration braucht vor allem Schlaf, Essen und Trinken. Im Winter spüren wir Hunger und Durst oft weniger – dabei wäre genau das wichtig, um die Energiespeicher zu füllen und sich zu erholen. Ein Punkt wird im Winter aber besonders entscheidend: die richtige Kleidung. Wenn wir unpassend angezogen sind, verliert der Körper viel Energie – und zwar nur dafür, um die Körpertemperatur aufrechtzuerhalten. Das ist Energie, die uns dann bei der Regeneration oder im Sport selbst fehlt. Deshalb mein Tipp: Auch im Alltag immer gut einpacken, nicht nur beim Training. So bleibt die Energie da, wo sie hingehört: im Körper.
Was braucht’s beim Sport in der Kälte wirklich an Kleidung? Reicht der klassische Zwiebel-Look oder lohnt sich Hightech oder Merinowolle?
Grundsätzlich hat sich der klassische Zwiebel-Look absolut bewährt. Wichtig ist, dass die Kleidung atmungsaktiv ist und Feuchtigkeit gut abtransportiert – sonst kühlt man schnell aus. Materialien wie Merinowolle oder funktionelle Synthetikfasern bieten hier klare Vorteile: Sie halten warm, ohne sich nass oder klamm anzufühlen. Wichtig im Winter ist vor allem der Schutz der Extremitäten. Dickere Laufsocken und bei Schnee oder Nässe wasserdichte Schuhe helfen, Kälte von unten fernzuhalten. Auch Hände, Hals, Mund und besonders der Kopf sollten gut bedeckt sein – denn dort geht viel Wärme verloren. Und zuletzt: freiliegende Hautstellen wie Wangen, Nase oder Ohren. Sie sind bei Frost empfindlich. Ein Schlauchtuch oder Fettcreme wie Vaseline schützt.
Stichwort Schuhwerk: Neben nassen Füssen ist auch Rutschgefahr ein Thema. Sollte man den Laufstil anpassen? Also etwa kürzere Schritte machen, langsamer laufen – oder hängt das alles vom Profil der Schuhe ab?
Man sollte den Laufstil auf jeden Fall dem Untergrund anpassen – gerade im Winter. Es lohnt sich, den Kopf einzuschalten. Kürzere Schritte, weniger Tempo und ein stabilerer Abdruck helfen, auf rutschigem Untergrund sicher unterwegs zu sein. Im Grunde ist es wie beim Autofahren im Winter: Man weiss nie ganz genau, ob irgendwo eine Eisfläche lauert – also besser einen Gang runterschalten. Wer das ignoriert, sorgt am Ende vielleicht sogar für etwas mehr Arbeit bei mir. (lacht)
Welche Fehler siehst du beim Wintertraining immer wieder – gerade solche, die am Ende in der Praxis landen?
Ein häufiger Fehler ist mangelndes Aufwärmen. Die Muskulatur  braucht bei Kälte länger, bis sie einsatzbereit ist – wer da direkt ins Sprinttraining geht, riskiert Verletzungen. Ein weiterer Klassiker ist unzureichender Kälteschutz. Und das betrifft nicht nur Breitensportlerinnen und -sportler, sondern auch den Spitzensport. Ich sehe regelmässig Fälle, bei denen Bilder von erfrorenen Ohrläppchen auf meinem Natelbildschirm landen.
Du hast das Aufwärmen angesprochen… besser drinnen oder draussen?
Grundsätzlich spielt es keine grosse Rolle – Hauptsache, man wärmt sich gut auf. Aber je länger man der kalten Luft ausgesetzt ist, desto mehr werden die Atemwege gereizt. Das kann bei längeren oder intensiven Einheiten zum Problem werden. Im Spitzensport versuchen wir deshalb oft, die Kälteexposition zu begrenzen: Aufwärmen drinnen, trainieren draussen – je nach Temperatur. Bei besonders tiefen Werten kommen im Profibereich sogar spezielle Atemmasken zum Einsatz. Sie wärmen die Luft vor und schützen so Lunge und Atemwege. Für alle anderen gilt: Schlauchtuch über Mund und Nase. Nicht perfekt, aber deutlich besser als nichts – und immer noch die einfachste Lösung.
Du läufst selbst gern – auch im Winter. Was motiviert dich, und was bedeutet dir das Laufen?
Ein Ziel hilft – sei es im Frühling oder im Sommer. Die Zubi Trophy wäre da zum Beispiel ein perfekter Ansporn. Aber letztlich geht’s mir um mehr: Ich weiss, wie gut mir Bewegung tut, auch im Winter. Für mich ist Laufen mehr als Training. Es ist Ausgleich zum oft dichten Berufsalltag, eine Möglichkeit, abzuschalten, den Kopf freizukriegen und meinem Körper etwas Gutes zu tun.
Dr. med. Hanspeter Betschart

Dr. med. Hanspeter Betschart

Chefarzt Berit Sportclinic, SEMS Sportarzt, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, FMH Sonographie des Bewegungsapparates SGUM, Chief Medical Officer Swiss Olympic
[email protected]

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